Derzeit erleben sie eine wahre Renaissance: Gutscheine. Unter anderem für die Gastronomie sind während den Corona-bedingten Zwangsschliessungen unzählige Angebote lanciert worden. Die Idee hinter dem Verkauf von Gutscheinen ist verlockend: Kunden zeigen sich mit ihren Lieblings-Lokalen solidarisch, indem sie während des Lock Downs Gutscheine für zukünftige Konsumationen gekauft haben. Doch Vorsicht: es gibt im Zusammenhang mit Gutscheinen ein paar Dinge zu beachten, damit sich diese später nicht als Boomerang erweisen.
Nachfolgend beantworten wir die sieben wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit Gutscheinen.
Um was handelt es sich bei einem Gutschein im rechtlichen Sinne?
Ein Gutschein ist eine Urkunde, deren Inhaber vom Aussteller einen Anspruch auf eine Leistung zugesprochen kriegt. Juristisch betrachtet haben die Papiere dabei einen ähnlichen Charakter wie beispielsweise ein Bergbahnticket oder ein Zugbillet – ich erkaufe mir ein Recht auf eine zukünftige Leistung, die ich bei Vorlage des entsprechenden Papiers in Anspruch nehmen kann.
Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Gutscheinen unterscheiden, und zwar Wertgutscheine und Warengutscheine.
Wertgutscheine haben den Charakter von Bargeld, wobei klar festgelegt wird wo (örtlich) dieser eingelöst werden kann. Die am weitesten verbreitete Art sind Geschenkgutscheine, hier wird tatsächlich Geld gegen Gutschein getauscht.
In die Kategorie der Wertgutscheine fallen jedoch auch Rabattgutscheine (zum Beispiel 10% beim nächsten Einkauf oder 5 Rappen Preisnachlass pro Liter Benzin bei der nächsten Tankfüllung).
Bei einem Warengutschein wiederum wird das Recht auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung vergeben, so zum Beispiel eine Gratis-Wurst am Grillstand oder eine Kopfmassage beim nächsten Friseur-Besuch.
Waren- und Rabatt-Gutscheine sind in der Regel zeitlich eng limitierte Angebote, wir beschränken uns nachfolgend daher auf die Wert-Gutscheine.
Wie stellt man einen (physischen) Gutschein aus?
Die einfachste Möglichkeit für kleinere Geschäfte ist es, die Gutscheine gleich selbst (physisch) auszustellen. Einerseits gibt es spezielle Softwarelösungen dafür (insbesondere sinnvoll, wenn Sie die Gutscheine auch online verkaufen möchten), kleinere Geschäfte können sie natürlich auch manuell erstellen. Auf folgende Punkte sollten Sie dabei achten:
- Bereiten Sie die Gutscheine vor; entweder als Datei, auf die alle Verkaufsmitarbeitenden Zugriff haben. Bei Bedarf können diese den Gutschein ausdrucken und entsprechend anpassen. Eine zweite Möglichkeit ist es, eine gewisse Anzahl Gutscheine vorzudrucken und am Verkaufspunkt aufzubewahren.
- Schreiben Sie auf den Gutschein, dass dieser nur mit Unterschrift gültig ist und unterschreiben Sie erst, wenn Sie das Geld dafür erhalten und die Gutscheine effektiv über die Ladentheke gehen. So beugen Sie allfälligem Missbrauch und Diebstahl vor.
- Legen Sie intern ein Minimum an Prozessen fest. Bestimmen Sie zum Beispiel, welche Mitarbeitenden die ausgestellten Gutscheine unterzeichnen darf, und wie diese intern abgebildet werden, so dass Sie jederzeit wissen, welche Gutscheine und über welchen Betrag in Umlauf sind.
- Als zusätzliches Identifikationsmerkmal empfiehlt es sich, jeden Gutschein mit einer unverwechselbaren Identifikationsnummer zu versehen.
- Profis führen diese Nummern in Excel Listen nach und notieren sich, welche Gutscheinnummer über welchen Betrag wann verkauft wurde und bis wann diese ausgestellten Gutscheine gültig sind. So stellen Sie sicher, dass Sie jederzeit den Überblick behalten.
- Schreiben Sie das Ausstellungsdatum auf den Gutschein und legen Sie ein Ablaufdatum fest.
Es gibt auch zahlreiche Online-Services, welche die ganze Administration übernehmen und auch Vermarktungsfunktion haben, so zum Beispiel hamsterli.ch, Poinz oder solidarguthaben.ch.
Umtausch, Barauszahlung, Kumulierung und Rückgabe – auf was muss ich achten?
Wertgutscheine haben Bargeld-Charakter beim Geschäft, in dem sie eingelöst werden können. Eine Bar-Auszahlung oder -Ausgleichung eines allfälligen Differenzbetrages ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Tricky wird es bei der Übernahme von bestehenden Geschäften: werden diese inklusive Schulden und Vermögen übernommen (also wenn faktisch die Firma übernommen wird oder den Besitzer wechselt), müssen grundsätzlich auch die vom Vorgänger ausgestellten Gutscheine weiterhin akzeptiert werden. Anders verhält es sich, wenn die zB ein Restaurant unter einem neuen Besitzer wieder eröffent wird – dann müssen Gutscheine der alten Gesellschaft oder Geschäftsführer nicht mehr akzeptiert werden.
Beliebte Praxis ist es in der Schweiz, Gutscheine mit dem Vermerk «nicht kumulierbar» auszustellen. Nicht kumulierbar bedeutet in dem Kontext, dass verschiedene Rabatt-Gutscheine nicht miteinander kombiniert werden können und pro Einkauf nur ein Gutschein eingelöst werden kann. Das macht insbesondere dann Sinn, wenn Sie verschiedene Rabatt-Aktionen am laufen haben, zum Beispiel mit 10% und eine andere mit 20% Gutscheinen – stellen Sie die Gutscheine ohne den entsprechenden Vermerk aus, laufen Sie Gefahr, dass Kunden Anspruch auf 30% Preisnachlass erheben.
Eine Rückgabe und Barauszahlung ist bei Gutscheinen in der Regel nicht vorgesehen. Um sicherzustellen, dass dies auch klar und deutlich ist, empfiehlt es sich, diesen Punkt in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festzuhalten und auf dem Gutschein den Vermerk «keine Barauszahlung» anzubringen. Gängige Praxis ist es, die getätigten Einkäufe vom Guthaben abzuziehen. So haben die Gutschein-Inhaber*innen die Möglichkeit, den Gutschein später noch einmal zu nutzen (und Sie erhöhen je nach dem die Kundenfrequenz).
Fällt bei den Gutscheinen Mehrwertsteuer an?
Gutscheine werden als Zahlungsmittel angesehen. Bei der Ausstellung von Gutscheinen wird noch keine Leistung erbracht, das heisst es fällt auch keine Mehrwertsteuer an. Diese wird erst fällig, wenn ein Gutschein eingelöst wird.
Wie werden Gutscheine korrekt in der Buchhaltung erfasst?
Im nachfolgenden Beispiel verkauft ein Buchladen einen Gutschein im Wert von CHF 50.00.
Bei der Einlösung wird damit ein Buch für CHF 80.00 erworben, der Differenzbetrag wird bar bezahlt. Um das Beispiel einfach zu halten, wird die bei diesem Geschäftsfall möglicherweise anfallende Mehrwertsteuer nicht berücksichtigt, wir gehen davon aus, dass der Betrieb weniger als CHF 100’000 jährlichen Umsatz erzielt und somit nicht MWST-pflichtig ist.
Was für Auswirkungen haben Gutscheine auf meinen Cash Flow?
Wie wir bei der Buchung gesehen haben, fällt mit dem Verkauf eines Gutscheins ein Cash-Flow Event an, das heisst wir haben am Abend mehr Geld in der Kasse, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keine Leistung erbracht worden ist. Wenn man die Buchhaltung nicht wirklich beachtet kann dies insofern etwas heikel werden weil wir dieses Geld anschliessend in der Kasse haben, ohne dass der Betrag in der Erfolgsrechnung auftaucht. Das bedeutet, wir fühlen wir uns vorübergehend reicher als wir es eigentlich sind. Wenn wir nun über kurze Zeit und im grossen Stil viele Gutscheine herausgeben, zum Beispiel während des Weihnachtsgeschäfts oder der Corona-bedingten Geschäfts-Schliessung, sollten wir diesen Umstand stets im Hinterkopf behalten: das eingenommene Geld gehört uns zwar (und wir können es auch sofort wieder ausgeben), allerdings haben wir uns auf der Passiv-Seite der Bilanz eine Schuld im Sinne einer zukünftigen Leistungserbringung eingebucht. Und diese Schuld werden wir irgendwann begleichen müssen, ohne dass wir zu diesem späteren Zeitpunkt nochmals Geld sehen werden.
Bis wann sind Gutscheine gültig?
Die Laufzeiten von Gutscheinen sind im Gesetz nicht klar geregelt. Das bedeutet, Sie können grundsätzlich selbst festlegen, wie lange Ihre Gutscheine gültig sind. Gängige Praxis sind Laufzeiten von 5-10 Jahren, wobei 10 Jahre schon eine eher lange Periode sind (eben weil Sie dann die ganze Zeit im Hinterkopf behalten müssen, dass da allenfalls mal noch jemand kommt mit einem Gutschein).
Nicht stichhaltig, da irreführend, ist die Regelung der Ablauf-Fristen über die AGB, ohne zusätzliche Nennung auf den Gutscheinen.
Wird auf dem Gutschein nichts vermerkt, gilt OR 127 und 128: für kleinere Beträge wie Essen im Restaurant oder Bücher gelten 5 Jahre Verjährungsfrist, bei grösseren Werten wie Reisen und Hotelübernachtungen 10 Jahre.
Die gute Nachricht zum Schluss für alle, die Gutscheine ausstellen: Sie können davon ausgehen, dass ein zweistelliger Prozentsatz aller ausgestellter Gutscheine gar nie eingelöst wird – sei es, weil die Empfänger kein Interesse daran haben oder weil sieschlicht vergessen, dass sie irgendwo noch einen Gutschein haben.
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