Finanzierung und Liquiditätsplanung in Startups: Best Practices

Am 26. November hostete TRESIO zusammen mit LEXR ein Webinar zum Thema Startup Funding & Liquiditätsplanung. Eine Aufzeichnung des Webinars steht auf Youtube zur Verfügung, die dazugehörenden Slides sind nachfolgend auf Slideshare verfügbar. In diesem Artikel finden Sie eine Zusammenfassung des Teils «Liquiditätsplanung».

Welche Art Funding ist die «richtige»?

Es gibt grundsätzlich drei Wege, wie man ein Unternehmen finanzieren kann:

1. Bootstrapping – Finanzierung über den eigenen Cashflow

Screenshot Bootstrapping: TRESIO
  • Grösste unternehmerische Unabhängigkeit.
  • Am besten geeignet für Geschäftsmodelle, bei denen relativ rasch und von Anfang an ausreichend Cashflow generiert werden kann.
  • Der Wachstumsprozess dauert in der Regel wesentlich länger als mittels Funding.
  • Dieses langsamere Wachstum kann ein Nachteil sein, insbesondere in kompetitiven Märkten ist die Gefahr gross, von besser finanzierten Startups überholt zu werden.

2. Finanzierung über einen Kredit

Screenshot Finanzierung: TRESIO
  • Die Eigentümerschaft bleibt bei den Gründern / Geschäftsinhabern.
  • Kann mit der Zeit sehr teuer werden.
  • Eine Finanzierung über einen Kredit ist nur dann sinnvoll, wenn das Unternehmen bereits Cash Flow positiv ist und mit der Finanzierung ein zusätzlicher Cash Flow erwirtschaftet werden kann, der mindestens dem Kreditbetrag Plus Zinsen entspricht.
  • Die Rückzahlungen und Zinsen sind in der Regel ab Tag 1 des Kredites fällig, während gerade bei neuen Unternehmen in der Regel erst später Geld verdient wird.
  • Der negative Cash-Flow Effekt aufgrund von Zins- und Kapitalrückzahlungen sollte nicht unterschätzt werden.
  • In der Regel sind Kredite nur gegen Sicherheiten möglich, beispielsweise in Form einer Persönlichen Garantie der Geschäftsinhaber – dabei ist generell Vorsicht angebracht, insbesondere in einer frühen Unternehmensphase.

3. Finanzierung mittels einer Equity-Finanzierungsrunde

Screenshot Equity Funding: TRESIO
  • Der Betrag steht zu Beginn der Unternehmensaktivitäten zur Verfügung (Up-Front) und kann zu 100% in das Wachstum und die Entwicklung des Geschäftsmodells investiert werden.
  • Damit hervorragend geeignet für Geschäftsmodelle, die hohe Initialinvestitionen erfordern, ohne dass von Beginn an Geld verdient wird, beispielsweise für die Entwicklung neuer Technologien. Typische «Startup-Cases».
  • Durch das zusätzliche Eigenkapital wird die Unternehmensbilanz grundsätzlich gestärkt.
  • Nachteilig ist die Abgabe von Kontrolle sein – Terms genau prüfen!

Acht Wege, das Geld länger im Unternehmen zu halten

Egal ob mit oder ohne externes Funding: im Startup ist Geld grundsätzlich knapp. Mit den folgenden acht Tipps lässt sich mit der gleichen Menge an Cash länger wirtschaften:

  1. Auf die Ausgaben achten – und zwar ab Tag 1, und auch (und insbesondere) nach einer erfolgreichen Finanzierungsrunde!
  2. Finanzielle Reserven für den Notfall sind immer eine gute Idee.
  3. Können erste Pilotkunden gewonnen werden, auf die Payment-Terms achten und wann immer möglich Vorauszahlungen vereinbaren. Gerade in Pilotprojekten ist der Cashflow Key, da die Entwicklungskosten in der Regel sofort anfallen, der Kunde jedoch unter umständen relativ spät erst bezahlen wird.
  4. Sich frühzeitig um einen «Collections-Prozess» kümmern. Viele Unternehmen lassen Geld liegen, weil sie Rechnungen zu spät stellen oder vergessen, rechtzeitig zu mahnen.
  5. Umgekehrt macht es Sinn, Kreditoren-Rechnungen so spät als möglich zu zahlen und die gewährten Zahlungsfristen voll auszunutzen. So kann der Cash länger im Unternehmen behalten werden.
  6. Der erwirtschaftete Gewinn entspricht nicht dem Cash Flow, und hat nichts mit dem Bankkontostand zu tun! Dazu kommen wir gleich noch etwas mehr im Detail.
  7. Es lohnt sich, frühzeitig einen Experten an Boad zu holen, der sich um die finanzielle Planung und das Reporting kümmert. Dies kann ein In-House CFO sein, oder auch ein erfahrener (!) externer Consultant.
  8. Smarte Tools wie TRESIO, die einen Teil der Planungs- und Reporting-Arbeiten automatisieren, können jeden Monat viele Stunden an manueller Arbeit sparen.

Der entscheidende Unterschied zwischen Umsatz, Gewinn und Cash Flow

Wie das nachfolgende Beispiel illustriert, hat der erwirtschaftete Umsatz unter Umständen sehr wenig damit zu tun, wie sich der Kontostand entwickelt. Es ist auch möglich (und bei starkem Wachstum sogar sehr wahrscheinlich), trotz Gewinn mehr Geld auszugeben, als reinkommt.

Grafik: TRESIO
  • Abschreibungen sind zwar erfolgswirksam (sie schmälern den Gewinn), haben aber keinen Einfluss auf unsere Kontostand. Das heisst, wir müssen diesen Betrag aufrechnen.
  • Anders sieht es aus, wenn wir auf Rechnung verkaufen. Die Umsätze sehen schön aus in der Gewinnrechnung, müssen allerdings vom Cashbestand abgezogen werden.
  • Lageroptimierungen wirken sich insofern auf den Cashbestand aus, als dass wir mehr verkauft haben in der Periode, als eingekauft. Das heisst, wir können diesen Betrag aufrechnen.
  • Bei den Lieferantenrechnungen ist es gut für unseren Cashbestand, wenn wir diese möglichst spät bezahlen müssen. Das heisst, hier ziehen wir die Zunahme ab.
  • Rückzahlungen von Darlehen sowie Ausschüttungen an Aktionäre sind nicht erfolgswirksam, beeinflussen unseren Kontostand allerdings trotzdem.

Unter dem Strich haben wir einen negativen Cashflow von CHF 30’000 – trotz unseres ansehnlichen Reingewinns von CHF 80’000! Gerade bei schnell wachsenden Unternehmen ist es unter anderem aufgrund der aufgeführten Punkte keine Seltenheit, dass zwar Gewinn erwirtschaftet, jedoch trotzdem immer weniger Geld auf dem Konto ist. Der Fokus sollte hier aufs Betriebsvermögen (Working Capital) gelegt werden.

Den Cashflow wirklich zu verstehen und richtig zu planen, ist daher elementar für das Überleben jedes Unternehmens.

Cashflow Planung: überlebenswichtig. Folie: TRESIO.

Planung und Reporting automatisieren mit dem richtigen Tech-Stack

Mit dem richtigen Tech-Stack lässt sich ein Grossteil des Planungs- und Reporting-Aufwandes reduzieren und automatisieren. Dafür empfiehlt es sich

  • Die KPI’s (Key Performance Indicators) gemeinsam mit den Investoren festzulegen, und auch genau festzuhalten, welche Grösse wie gemessen wird.
  • Sobald festgelegt wurde, was wie gemessen wird: Tools und Systeme implementieren, mit denen das Reporting auf möglichst effiziente Weise automatisiert werden kann, beispielsweise mittels Chartmogul oder TRESIO. Damit lässt sich viel Zeit sparen, und eine gewisse Datenkonsistenz wird sichergestellt, mit der eine Vergleichbarkeit der Reportings über einen längeren Zeitraum überhaupt erst möglich wird.
  • Professionelle, saubere Reportings erleichtern auch die Kommunikation mit den Investoren und Banken ungemein.

Das vollständige Webinar (auf Englisch) finden Sie auf Youtube.